Forum • 12.6.2021, 14:00
Vortrag von Can Dündar, Journalist und Autor (TUR/DEU)
Europa wird oft als eine geschichtlich-kulturelle Geschichtsgemeinschaft, ein ökonomischer Raum oder eine politisch-bürokratische Organisation wahrgenommen. Blickt man auf die Dichtung Europas, erkennt man eher einen Kontinent überbordender Vielseitigkeit, die auf keinen gemeinsamen Nenner zu bringen ist. Das gegenwärtige Europa wird zunehmend pluralistischer, was sich in der Diversität der Lebensformen, der Bräuche und Traditionen und der Sprachen zeigt. Zwar gibt es in Europa weniger Sprachen als in anderen Kontinenten, aber sie treffen auf engem Raum aufeinander. Weit über 140 Sprachen werden hier gesprochen, dazu kommt eine Vielzahl von Dialekten und Soziolekten. Und nichts steht still: Die Sprachen beeinflussen sich, Mehrsprachigkeit nimmt zu, neue Sprachen fassen durch Migration an bislang fremdem Ort Fuß.
Das FORUM widmet sich den Schönheiten, Problemen und Herausforderungen dieser sprachlichen Vielfalt innerhalb Europas und über seine Grenzen hinaus. Was bedeutet sprachliche Differenz in einem gemeinsamen politischen Handlungsraum wie der Europäischen Union? Wie ambivalent ist die Vielheit der Sprachen zwischen Beförderung von Nationalismen und Anerkennung regionaler Unterschiede? Wie schaffen und zerstören Sprachen Gemeinschaften? Welche Rolle spielt Vielsprachigkeit für die Resilienz demokratischer und offener Gesellschaften? Wie gehen DichterInnen mit ihrer Mehrsprachigkeit um, die große und kleinere Sprachen Europas umfasst?
Can Dündar, ehemaliger Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet, wird in seinem Vortrag einen Blick auf Europas (Sprachen-)Vielfalt aus der Position ihrer türkischen Nachbarschaft und der Innensicht des in Europa Exilierten werfen. In der Paneldiskussion werden Kristina Cunningham, Levke King-Elsner, Jürgen Trabant und Zoltán Danyi über Ambivalenzen des Sprachenreichtums, gesellschaftliche und politische Entwicklungen sowie Übersetzungsaufgaben für die EU ins Gespräch kommen. Die DichterInnen Roberta Dapunt, Aurélia Lassaque, Nikola Madzirov, Johan Sandberg McGuinne und Elan Grug Muse bringen ihre Lyrik und essayistischen Sprachportraits auf Ladinisch, Okzitanisch, Mazedonisch, Süd-Samisch, Walisisch zu Gehör und tauschen sich über Minderheitensprachen und ihr Verhältnis zu verbreiteteren Sprachen in der Poesie aus.
Projektleitung: Asmus Trautsch
FORUM: Europas Vielfalt hat keine Haut wird freundlich unterstützt durch das Berliner Künstlerprogramm des DAAD, die Schwedische Botschaft, Arts Council Wales und Literature Across Frontiers.
Mit Can Dündar